1902 kommt der belgische Architekt und Formgestalter Henry van de Velde auf Initiative des Kunstmäzens Harry Graf Kessler und Elisabeth Förster-Nietzsche - der Schwester des Philosophen Friedrich Nietzsche - nach Weimar. Als Berater für das Kunsthandwerk soll er nach Vorstellungen des Großherzogs Wilhelm Ernst neue künstlerische Anregung für die Werkstätten des Landes liefern, um damit die Wirtschaft anzukurbeln. Im Zuge seiner Tätigkeit entstehen in Weimar mehrere Entwürfe, die die Ästhetik der Van-de-Velde'schen Linie auf besondere Weise dokumentieren. Dazu gehören unter anderem die Innengestaltung des Nietzsche-Archivs, die Kunstschulbauten - in denen ab 1919 das Staatliche Bauhaus Weimar untergebracht war - und sein eigenes Wohnhaus, das Haus Hohe Pappeln.
Bezugnehmend auf die Idee des "Neuen Weimar" will diese Führung das Spannungsfeld zwischen ausklingendem „Art Nouveau“ und der Entstehung der „Neuen Sachlichkeit" unter Berücksichtigung des „Arts and Crafts Movement“ in Großbritannien beleuchten und das künstlerische Schaffen Henry van de Veldes und seiner Gesamtkunstwerke in den Kontext der Zeit einordnen. Inwieweit haben die Ideen des Alleskünstlers auch das Bauhaus beeinflusst und inspiriert, das nach dem Ersten Weltkrieg am selben Ort entstand?
Die Führung findet auf dem Gelände der Kunstschulbauten - dem Hauptgebäude der heutigen Bauhaus-Universität Weimar - statt, um an einem Beispiel die vielen Facetten des gestalterischen Schaffens Henry van de Veldes zu betrachten. Vom wunderbar geschwungen Treppenaufgang bis zu den gebogenen Fenstern der Ateliers im Dachgeschoss soll die Detailverliebtheit eines Formgestalters im Mittelpunkt stehen, der zu den wichtigsten Vertretern seiner Zeit gehörte.